Tagestour auf den Hochkönig – von Gainfeld zum Matrashaus

Tourvorbereitung

Der Hochkönig lockt schon seit vielen Jahren. Leider konnte ich die letzten Jahre einen 3000er nur mit einer Übernachtung auf „über 2000m“ zur Akklimatisierung erreichen.
Dieses Jahr ist zum Glück vieles anders und ich fasste den Mut, den Hochkönig als Tagestour zu wagen.
Recherchen im Internet ergeben überall das selbe. Auf den Hochkönig geht man vom Arthurhaus als leichtesten Weg.
Trotzdem studiere ich etwas die Wanderkarten und entdecke ein Hochtal über Bischofshofen mit einem kleinen Parkplatz.
Gainfeld.
Wikipedia beschreibt dieses einsame Hochtal mit erstaunlicher Flora, Touristisch scheint es weitesgehend uninteressant zu sein. Ein Wanderbericht erzählt grob.. „leichte Wanderung mit 750hm zur Mitterfeldalm“, wie groß der Parkplatz sein soll und was er kostet bleibt erstmal ungewiss.
Klingt also verlockend… einige Stunden etwas abseits der üblichen Route zu verbringen

der sehr kleine Parkplatz in Gainfeld

Die Anfahrt

Früh morgens um 01:30 wache ich auf. Frühstücken um diese Uhrzeit fällt schwer, die morgendliche Inhalation ebenso. Kaffee hilft. Gegen 3 Uhr starte ich im Chiemgau, die Autobahnvignette für die Tauernautobahn gibts an der Autobahntankstelle in Piding, die Tankfüllung wenige Kilometer später am Tankautomaten an der Hofer-Tankstelle in Salzburg Süd. Dort wird auch die Google-Navigation nach „Gainfeld“ gestartet, ich wähle das letzte Haus der Straße als Ziel. Hier soll sich auch der Parkplatz befinden.
Es ist stockduster, Neumond.
Über die Tauernautobahn nach Bischofshofen, im Ort hilft mir dann die Navigation, zum Güterweg nach Gainfeld zu finden. Ohne selbige Navigation hätte ich den kleinen Parkplatz NIE gefunden.
Apropos Parkplatz.. am letzten Haus an der Straße hängt ein kleines blauens „P“ Schild am Gartenzaun, mit etwas Glück können hier 2-3 Autos (kostenlos) parken.

Aufstieg von Gainfeld zur Mitterfeldalm

Wanderschilder im schein der Stirnlampe

Mittlerweile ist es kurz nach 4 Uhr, es ist immer noch dunkel. Durch den Neumond fehlt das Mondlicht, ich bin froh, eine Stirnlampe dabeizuhaben. Wanderschilder sehe ich erstmal nicht, es gibt aber eine MTB-Beschilderung zum Hochkeil. Und die Strava-App sagt auch, daß ich mich zumindest in die richtige Richtung auf den Weg mache.
Über teils steile Forstwege, später Karrenwege steige ich empor, im Schein der Stirnlampe. Ein toller wegabschnitt am Anfang, diese Ruhe, kein Straßenlärm, keine Menschen, gelegentlich hört man Kuhglocken und das zwitschern der Vögel.

zart leuchten die Mandlwände in der Morgensonne

Der Karrenweg verengt sich nach einer Bachquerung zu einem Waldsteig, dieser führt mich zur fast einsamen Stegalm. Dort begrüßt mich eine Kuh mit einem gemütlichen „Muuuuuh“.
Sorry, ich wollt euch nicht wecken. Es war auch nur ein morgendliches gemütliches „Muuuuh“ und kein „Attackeeeeeee, ein Wanderer!!!. Also steige ich steil über Wiesen empor, den Steig verliere ich kurz, finde ihn aber später wieder, auch hier hilft ein Blick auf die Strava-App.
Das Highlight der Stegalm sollte aber der Sonnenaufgang werden. Es ist der einzige Abschnitt bis zur Mitterfeldalm, in der ich nicht im Bergwald aufsteige und genau auf dieser Alm schiebt sich die Sonne hinter dem Tennengebirge hervor.
Was für ein toller Moment, da stört es auch nicht, daß es zur Mitterfeldalm sehr steil bergauf geht.

Sonnenaufgang an der Stegalm

von der Mitterfeldalm zum Hochkönig

… ist es weit!
Doch erst leuchten die Mandlwände in der Morgensonne, an den Felsen vom Predigtstuhl entdecke ich ein kleines Gipfelkreuz

Gedenkkreuz am Predigtstuhl

Der Hochkönig ist eigentlich recht einfach in einem Satz beschrieben.
„Um die Mandlwände außen herum, an der Torsäule vorbei und wenn man dann das erste mal das Matrashaus sieht.. ist es noch weit“
Na ja, wird schon klappen.

Morgensonne an der Mitterfeldalm

An der Mitterfeldalm sehe ich dann das erste mal andere Bergsteiger, vielleicht 10-15.. verteilt in kleine Grüppchen, die vermutlich alle gegen 5 Uhr am Arthurhaus gestartet sind. Zum Glück verteilen sich diese Grüppchen in der Querung unter den Mandlwänden recht schnell, so kann ich wieder in Ruhe aufsteigen. Wenn andere Gruppen in unmittelbarer Nähe unterwegs bin, neige ich dazu, diese unbewusst einholen zu wollen, und für solche Psychologischen Spielchen ist der Hochkönig ein „zu Ernstes“ Abenteuer.
Die Kräfte gehören gut eingeteilt auf diesem doch seeeehr großen Steinhaufen.

in der Bildmitte die markante Torsäule

Bald schon kommt die markante Torsäule in den Blick, mal steil, mal etwas flacher, in leuchtendem Grün mit bunten Blumen und den ersten flächigen Alpenrosen zieht der Weg empor.

Was sich vorher noch so lustig in einem Satz beschreiben lässt… zieht sich recht schnell in die Länge. Die Torsäule ist eben mal nicht „schnell gequert“.

Ein Fisch?
Alpenrosen auf dem Weg zur Torsäule

An der Torsäule ist – nach der Mandlwandumrundung – nicht nur der 2te markante Teil des Weges erreicht, die Landschaft verändert sich aus grünen Bergwiesen in ein tristes Grau. Nur unterbrochen von Altschneefeldern, die ich im Aufstieg allerdings teilweise meide. Der Schnee trägt zwar gut, der Weg im Geröll ist im Aufstieg aber oft griffiger und vor allem kraftsparender zu gehen.
Später wird eine erste Steilstufe überraschend einfach auf Bändern bezwungen, etwas Schwindelfreiheit schadet hier nicht, wenn es im Zickzack gut markiert durch die kleine Wandstufe geht.

die Landschaft verändert sich…

Hinter der Torsäule erinnere ich mich eigentlich an nichts markantes mehr. Viel mehr zeigt sich die Länge der Tour. Hinter jeder kleinen Erhebung erhoffe ich endlich das Matrashaus sehen zu dürfen, schließlich soll es ab dem Zeitpunkt des ersten „Blickes darauf“ auch noch weit bis zum Gipfel sein.
Mal werden flache Schneefelder für den Aufstieg genutzt, mal der geröllige Weg, mal über die Bodenmarkierung orientiert, mal sind die auffälligen Stangenmarkierungen das nächste „Ziel“. Langsam und gleichmäßig, ohne große Pausen geht es voran… bis dann endlich (!) an einer Geländekante zum ersten Mal das Matrashaus ins Blickfeld kommt.

mitten im nirgendwo
endlich: das erste Mal öffnet sich der Blick zum Gipfel

Endlich. Gipfel in Sicht. Leider geht es aber erst 60-80hm in eine Senke hinunter, teils versichert, sogar 2 Mini-Leitern helfen im Abstieg. Wo es bergab geht, gehts auch wieder bergauf… die Altschneefelder werden größer, an den Randklüften zu den Felsen ist etwas Vorsicht geboten.

die Luft wird dünner am letzten Aufschwund zum Gipfel

Spätestens an der Stelle, wo der Weg von der Ostpreußenhütte einmündet spüre ich die dünner werdende Luft deutlich. Eigentlich tragen viele Faktoren dazu bei, daß die Schritte kürzer werden. Zum Gipfel ist es nur noch eine halbe Stunde, ich bin auch schon über 5 Stunden unterwegs. Die letzte Steilstufe mit teils hohen Tritten kostet nochmal richtig Kraft, viele kurze Pausen sind jetzt notwendig, die man aber an diesem Traumtag immer für einige Fotos nutzen kann.

nur noch wenige Schritte bis zum Ziel

Nach über 6 Stunden und etwas über 2000hm im Aufstieg erreiche ich um die Mittagszeit endlich das Matrashaus und den Gipfel. Perfektes Sommerwetter, kein Wölkchen am Himmel, gute Wandertemperaturen, ich mußte mein T-Shirt seit dem Auto weder wechseln noch um ein Jäckchen ergänzen. Perfekte Bedingungen für so ein großes Abenteuer auf einen „fast3000er“

Gipfelpanorama am Hochkönig

Gipfelglück am Matrashaus

Roman, der Wirt vom Matrashaus ist bekannt für seine Geschichten, die meist mit tragischen Unfällen oder Rettungseinsätzen zu tun haben. Diese Geschichten haben auch dazu beigetragen, daß ich – aus reiner Vernunft – auf das Abenteuer Hochkönig viele Jahre verzichtet hatte. Wer will schon mit einer eingeschränkten Lungenfunktion zum einen die Bergwacht brauchen und zum anderen auch noch Bestandteil einer Geschichte vom Hüttenwirt werden, die dann auf Facebook seine Kreise zieht?

Eine Gipfelhütte in einer ganz besonderen Lage – das Matrashaus

Und so ist die Freude über den erreichten Gipfel kaum in Worte zu fassen. Ich sitze nur da, wortlos, gedankenlos, mache ein paar Fotos… und verlege das Mittagessen in die schattige Hütte. Eine leckere Speckknödelsuppe gibts, dazu ein Skiwasser und weil die eigenen Wasserreserven im Rucksack nicht mehr die größten sind bin ich dankbar, Wasser am Gipfel kaufen zu dürfen. Der Preis ist mir hier oben völlig egal.

toller Blick auf Hundstein &Co und natürlich die Hohen Tauern

Lange bleibe ich aber nicht hier oben, das grenzenlose Panorama werde ich noch stundenlang im Abstieg genießen können… und selbiger wird ja auch noch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen.

Gipfelbier mit dem Mammut am Gipfelkreuz

Abstieg vom Matrashaus zur Mitterfeldalm

Das erste was mir im Abstieg auffällt… der Rucksack ist unangenehm schwer. Durch die gekauften (und notwendigen) 1,5 Liter Wasser ist der Rucksack somit auch 1,5kg schwerer als noch im Aufstieg. Ein ungewohntes Phänomen.

Markierungen auf dem Hochkönigweg

Ansonsten geht es dank den vielen Altschneefeldern recht zügig nach unten. Dank der Stangenmarkierung suche ich mir häufig meinen eigenen Weg, der Schnee trägt gut und weiträumige Abkürzungen sind möglich.

Altschneefelder erleichtern den Abstieg

Der Aufstieg aus der Senke kostet Kraft, dafür ist die Torsäule bald wieder in Sichtweite, Geröll und Schneefelder wechseln sich ab, ich freue mich wieder auf die grünen Bergwiesen (und insgeheim wünsche ich mir nichts anderes, als eine flache breite Forststraße, dieser Wunsch bleibt aber erstmal unerfüllt)

die Torsäule kommt wieder ins Blickfeld
Torsäule, im Hintergrund das Dachsteinmassiv
eine Gemse am Fuß der Mandlwände
an der Torsäule wird es wieder grüner
ein letzter Blick zurück!

War heut morgen an der Mitterfeldalm noch eine fast gespenstische Ruhe, tummeln sich jetzt Tagestouristen an der Alm. Kurz führt mich der Weg durch den Biergarten um wenig später wieder in die bunte Bergblumenwiese einzutauchen.

wieder an der Mitterfeldalm
Bergblumenwiese an der Mitterfeldalm, im Hintergrund das Tennengebirge

Steil geht es wieder hinab zur Stegalm und von dort – eben wie ich auch aufgestiegen bin, zurück zum Auto.

Das Abenteuer „von Gainfeld auf den Hochkönig“ endet für mich nach 13 Stunden Gehzeit, 26,5km und insgesamt 2150hm wieder am Auto.

kleiner Wiesenpfad an der Stegalm